Hallo Christian, vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für ein Interview mit uns nimmst ! Bitte stelle uns zu Beginn Dich und Dein Team bei Clickworker kurz vor:
Ich bin gebürtiger Österreicher, fühle mich aber nach mehr als 20 Jahren in Köln zu Hause und feiere natürlich auch den rheinischen Karneval.
In 2008 bin ich als CTO beim Unternehmen clickworker (damals noch humangrid) gestartet. Das Prinzip Crowdsourcing war damals noch weitgehend unbekannt. Mich faszinierte damals wie heute das Thema Digitalisierung, Menschen weltweit zu vernetzen und ihnen die online Arbeit zu ermöglichen. Mit clickworker machen wir das enorme Potenzial der Crowd anderen Unternehmen zugänglich.
Seit 2011 bin ich Geschäftsführer bei clickworker. Vor meiner Zeit bei clickworker arbeitete ich für mehrere Internet-Startups, Telko- und Medienunternehmen in USA, China und England.
Vielleicht möchtest Du uns ganz zu Beginn unseres Gesprächs Euer Startup Clickworker kurz vorstellen ?
Unsere Geschäftsidee basiert auf dem Crowdsourcing-Prinzip. Aktuell haben wir eine Crowd von knapp 2 Mio. weltweit ansässigen Clickworkern (Internetnutzer die sich auf unserer Plattform registriert haben, um hier kleinere Aufgaben gegen Honorar zu erledigen).
Unternehmen bieten wir im Managed Service skalierbare Lösungen für ihre Projekte rund um die Themen Trainingsdaten für KI, Texterstellung, Kategorisierung und Tagging, Umfragen, Web-Recherche, Mobile Crowdsourcing und Produktdatenpflege in 18 Sprachen und in mehr als 30 Zielmärkten.
Die Projekte werden automatisiert in gleichartige kleine Jobs zerlegt und durch qualifizierte Clickworker aus der Crowd bearbeitet. Alle Ergebnisse werden qualitätsgesichert und an den Kunden übermittelt.
Für kleinere und standardisierte Aufgaben aus den Bereichen Texterstellung, Umfragen und Sentiment-Analysen bieten wir darüber hinaus eine Self-Service-Lösung über unseren Online-Marktplatz.
Welches Problem wollt ihr mit den Services von clickworker lösen?
Unser Verfahren
zur crowdbasierten Umsetzung von Projekten bietet qualitativ höherwertige und
vor allem sehr schnelle Ergebnisse bei hohem Durchsatz, hervorragender
Skalierbarkeit und zu geringeren Kosten als mit herkömmlichen Ansätzen.
Auch wenn diverses Know-How, eine Vielfalt an Sprachen, Stimmen oder Ethnien für
die Projektumsetzung gefragt sind, sind unsere Services oftmals die beste -wenn
nicht einzige- Lösung.
Wie ist die Idee zu clickworker entstanden ?
Gegründet wurde das Unternehmen 2005. Die Geschäftsidee wie auch die Firma entstanden nach dem Vorbild eines Projekts der NASA bei dem diese im Jahr 2000 anfing eine große Schar/Crowd von nichtwissenschaftliche Internetnutzer einzusetzen, um Fotoaufnahmen der Marsoberfläche auszuwerten. Diese Teilnehmer wurden Clickworker genannt. Die Clickworker haben u.a. Krater auf den Fotos identifiziert und klassifiziert.
Wie würdest Du Deiner Großmutter clickworker erklären ?
Oma, stell dir vor du hättest im Unternehmen eine Aufgabe zeitnah zu erledigen, die so groß ist, dass du sie weder alleine noch mit Kollegen erledigen kannst. Zudem hast du vielleicht auch nicht das nötige Know-How, um die Aufgabe selber umzusetzen.
Dann bieten wir dir die ideale Lösung an. Wir teilen deine Aufgabe ins ganz viele kleine und gleichartige Aufgaben und stellen sie im Internet auf unsere Seite so ein, dass sie hier direkt bearbeitet werden können. Bei uns sind ganz viele Menschen aus der ganzen Welt angemeldet. Alle die die nötigen Qualifikationen haben, um deine Aufgaben zu bearbeiten, sehen diese jetzt. Zahlreiche von ihnen stürzen sich gleichzeitig auf die Aufgaben, erledigen sie und erhalten dafür ein Honorar.
Auf diese Art und Weise werden tausende von Aufgaben in kurzer Zeit erledigt.
Die Ergebnisse werden von weiteren Personen bei uns ebenso schnell auf Fehler kontrolliert und dir einzeln oder auch zusammengefasst übermittelt – Schon ist die Aufgabe komplett erledigt.
Ein gutes, da einfaches Beispiel wäre die Erstellung eines Modeglossars für das du jeweils in den Sprachen Englisch, Spanisch, Französisch und Italienisch 500 Erklärungen für Fachbegriffe benötigst. Jeder Glossareintrag pro Sprache würde dann einer einzelnen Aufgabe entsprechen – also 2000 Aufgaben insgesamt.
Geschrieben und überprüft werden die Texte natürlich nur von Muttersprachlern die sich bei uns vorab als gute Autoren qualifiziert haben.
Besonders wichtig dabei ist, den Menschen die an deinen Aufgaben arbeiten sollen, ein gutes Briefing zu liefern – also exakte Anweisungen, wie sie die Aufgabe erledigen sollen.
Hat sich euer Konzept seit dem Start irgendwie verändert ?
Das Konzept selber nicht, wohl aber die Lösungen die wir anbieten.
Während anfänglich hauptsächlich Texte, Übersetzungen und Web-Recherchen angefragt wurden sind es heute überwiegend Trainingsdaten für die Entwicklung von KI-Systemen. Angefragt werden hier vor allem kürzere Sprachaufzeichnungen, Fotos und kurze Videos.
Zudem setzen wir selber immer mehr auf ki-basierte Tools, um unseren Clickworkern einzelne Aufgaben, z.B. aus dem Bereich der Bildannotation, zu erleichtern und den Durchlauf zu erhöhen.
Wie funktioniert Euer Geschäftsmodell ?
Wir akquirieren Aufträge von großen und mittleren Unternehmen. Größere Aufträge (>100.000€) werden in Mikroaufträge (<5€) zerteilt und von den Clickworkern abgearbeitet. Für diese Dienstleistung wird ein Betrag erhoben, von dem ein Teil an die Clickworker als Honorar geht.
Standardisierte Aufträge in den Bereichen Texterstellung, Übersetzungen, Umfragen und Sentiment-Analysen können vom Kunden selbst online über den Self-Service-Marktplatzeingestellt werden.
Wie genau hat sich clickworker seit der Gründung entwickelt ?
Wir waren damals eines der
ersten Unternehmen die das Prinzip des Crowdsourcings in Europa als Basis für
ein Geschäftsmodell realisierten.
In 2008 wagten erste innovative Kunden kleinere Pilotprojekte. Fortan haben wir
unsere Plattform professionalisiert und unsere Lösungen der Marktbedürfnisse
angepasst und erweitert. Lösungen für Contenterstellung, Recherche,
Kategorisierung und Tagging entwickelt. Die Nachfrage stieg rasant, nicht
zuletzt auch aufgrund der steigenden Anzahl der werbebasierten Geschäftsmodelle
vieler unserer Kunden.
Zu den Kunden aus dem Bereich eCommerce, entwickelte sich noch der Retailbereich als wichtige Zielgruppe. Angefragt werden flächendeckende Besuche unserer Clickworker in diversen Geschäften die dort für den Kunden am Point of Sale die Lage vor Ort mit Hilfe ihrer Smartphones dokumentieren. Aufgrund der zunehmenden Nachfrage nach diesen sog. Mobile Crowdsourcing Services, haben wir eine App entwickelt, die es unseren Clickworkern ermöglicht, diese Aufgaben über ihr Smartphone aufzurufen, zu erledigen und die Ergebnisse über das Smartphone auch direkt zu übermitteln.
In den letzten vier Jahren hat sie vor allem der Bereich Forschung und Entwicklung als großes Marktpotenzial für unsere Services entwickelt. KI wird zur Schlüsseltechnologie für viele Branchen. Entsprechend hoch sind hier die Entwicklungsaktivitäten für die unzählig viele Daten benötigt werden, um die Systeme auf ihren jeweiligen Einsatz hin zu trainieren. Angefragt werden bei uns vor allem Trainingsdaten in Form von kurzen Sprachaufzeichnungen zum Training von Spracherkennungssystemen sowie Foto- und Video-Aufnahme zum Training von Systemen zur Bewegungs- und/oder Bilderkennung.
Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen ?
So richtig schief gelaufen ist tatsächlich nichts.
Und wo habt ihr bisher alles richtig gemacht ?
Wir haben immer
ein Auge auf den Markt und reagieren sehr schnell auf Veränderungen der Nachfrage
und neue Zielgruppen.
Auch optimieren wir unsere Plattform technisch fortlaufend. Zum einen bieten wir
den Kunden mit der Entwicklung einzelner Tools und Services stetig mehr Komfort
sowie die Möglichkeiten für große Unternehmen ihre Projekte selbständig
aufzusetzen, zu steuern und unsere Crowd anzubinden.
Zum anderen entwickeln und optimieren wir auch kontinuierlich Tools, die die
Umsetzung der Projekte und Erledigung einzelner Aufgaben vereinfachen oder
sogar automatisieren, um die Effizienz zu steigern.
Wie ist euer Unternehmen finanziert ?
Das Unternehmen ist fremdfinanziert über Venture-Capital-Unternehmen, Förderbanken und Privatanleger.
Was sind eure Pläne und Ziele für die nächsten 12 Monate ?
Ziele sind, die Projektprozesse weiter zu optimieren und automatisieren, unsere Services speziell im KI-Bereich auszubauen, die Crowd sowohl quantitativ als auch qualitativ weiter aufzubauen und unser Team in Nordamerika zu verstärken.
Vielen Dank für das Interview.